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Was tun, wenn’s mies läuft?“ – Rechte & Hilfe für FSJler:innen

→ Ein Leitfaden darüber, was man tun kann, wenn man im FSJ unfair behandelt wird,

schlecht betreut wird oder überlastet ist.


von Emilia Hecke 


“Ich mache ein Freiwilliges Soziales Jahr/ einen Bundesfreiwilligendienst!” - dieser Satz ist

für die viele von uns von großer Bedeutung und der Startschuss für ein wundervolles Jahr

voller neuer Erfahrungen, toller Bekanntschaften und bereichernder Erlebnisse. Doch leider

erleben nicht alle Freiwilligen ein erfüllendes Jahr. Immer wieder berichten junge Menschen

davon, dass sie sich in ihrer Einsatzstelle unfair behandelt, schlecht betreut oder überlastet

fühlen. Oftmals trauen sich die Freiwilligen nicht, ihr Empfinden anzusprechen oder wissen

gar nicht, ob ihre Beschwerde überhaupt berechtigt ist. Das Resultat: Bauchschmerzen auf

der Fahrt zum Dienst, Unzufriedenheit und im Zweifel ein abrupter Abbruch des FSJs.

Deshalb ist es so wichtig, Probleme frühzeitig anzusprechen – bevor sie über den Kopf

wachsen. Das FSJ ist als “Win-Win" Situation für beide – die Einsatzstelle und den

Freiwilligen/die Freiwillige gedacht und diese wertvollen Erfahrungen sollten niemandem

mangels Kommunikation verwehrt bleiben. Allerdings kann es schwierig sein den ersten

Schritt zu machen: Ist das überhaupt okay – mich zu beschweren? Welche Rechte habe ich?

Was darf ich einfordern? Wen kann ich ansprechen? Was ist, wenn ich mit meiner

Einsatzstelle nicht übereinkomme? - Wirklich schwierige Fragen, die es zu beantworten gilt.

Du bist frisch, enthusiastisch und voller Freude in dein Freiwilliges Soziales Jahr oder Deinen

Bundesfreiwilligendienst gestartet, aber fühlst Dich mittlerweile nicht mehr wohl oder bist

sogar in einer Konfliktsituation?


Dann bist Du hier genau richtig! Im Folgenden nehmen wir Dich an die Hand und zeigen Dir,

was Du tun kannst, welche Rechte Du hast und welche Ansprechpersonen es gibt.

Schritt eins ist, die Selbstreflexion und der Rechtecheck. Wenn Du dir nicht sicher bist, ob

Deine Beschwerde überhaupt berechtigt ist, dann ist der folgende Abschnitt sehr wichtig für

Dich!


Bei fachspezifischen Fragen wie den Richtlinien im pflegerischen Bereich, Infos zum

Datenschutz und weiteren Details lest euch in jedem Falle nochmal euren Arbeitsvertrag

durch. Dort sollte alles einsatzstellenspezifische vermerkt sein. Wenn danach noch Fragen

offen sind, kontaktiert unbedingt eure Vertrauensperson bei eurem Träger.

Das steht Dir zu:• Arbeitszeit*: Max. 40 Stunden pro Woche, inkl. Pausen. Überstunden dürfen nicht

zur Regel werden und müssen ausgeglichen werden!

• Teilzeit* nur mit Zustimmung möglich, aber dann auch Anspruch auf gekürztes

Taschengeld

• Urlaub*: Mindestens 26 Werktage bei einem 12-monatigen FSJ, muss in Absprache

mit der Einsatzstelle beantragt werden

• Einsatzstelle: Du sollst sinnvoll beschäftigt werden – keine ständige Ablage, Putzen

oder Aufgaben unter Deinem Niveau.

• Anleitung & Betreuung: Eine feste Ansprechperson in deiner Einsatzstelle ist Pflicht.

• Seminare*: 25 Seminartage (bei 12 Monaten) sind Pflichtbestandteil des FSJ – sie

gelten als Arbeitszeit!

• Taschengeld: Muss vertraglich geregelt sein – eine Mindesthöhe gibt es zwar nicht, aber

es sollte fair sein und Kosten wie die Fahrt zur Dienststelle, sowie die dortige

Verpflegung abdecken – Fortzahlung des Taschengeldes im Krankheitsfall bis zu 6

Wochen (nach EFZG)

• Sozialversicherung*: Du bist vollständig versichert (Kranken-, Pflege-, Renten-,

Unfall- und Arbeitslosenversicherung).

• Teilnahme an Seminaren ist verpflichtend, aber bei Teilnahme: Kosten für

Unterkunft und Verpflegung übernimmt der Träger

• Datenschutz und sichere Aufbewahrung vertraulicher Informationen wird

zugesichert


Das ist nicht in Ordnung:

• Wenn Du regelmäßig Überstunden machen musst – besonders ohne Ausgleich.

• Wenn Du keine oder kaum Anleitung bekommst und auf Dich allein gestellt bist.

• Wenn Du nur „Hilfsarbeiten“ machst und nicht lernst oder dich entwickelst.

• Wenn Du diskriminiert, unter Druck gesetzt oder ausgebeutet wirst.

• Wenn Deine täglichen Arbeitszeiten nicht mit dir abgesprochen werden –

obwohl sie klar geregelt sein müssen.

• Wenn Du vertrauliche Daten ungeschützt weitergeben sollst – deine

Schweigepflicht gilt auch für dich.

• Wenn Du zu Teilzeit gedrängt wirst – obwohl du das nicht möchtest.

• Wenn Dir kein Urlaub für Bewerbungsgespräche genehmigt wird.

• Wenn eine Verletzung Dir gegenüber bzgl. des Grundgesetztes vorfällt


Das wird von dir erwartet:

• Respekt gegenüber allen Personen der Einsatzstelle

• Einhaltung von Struktur und Ordnung der Einsatzstelle

• Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit im Dienst

• Einhalten aller geltenden Gesetze, Regeln, Sitten und Gebräuche

• Verbot von Drogenbesitz/-konsum

• Verpflichtung zur Mitarbeit an den Lernzielen (Seminare, Bildungsteil)

• Meldung jeder Dienstverhinderung unverzüglich, inkl. voraussichtlicher Dauer

• Krankmeldungen ab dem 1. Tag bei Seminaren, sonst spätestens am 4. Tag

• Vertraulicher Umgang mit Daten und Informationen der Einsatzstelle

• Keine Weitergabe oder Veröffentlichung von dienstlichen Unterlagen/Materialien

• Rückgabe aller dienstlich erhaltenen Materialien bei Ende oder auf Aufforderung

• Tägliche Zeiterfassung und Einhaltung der geplanten Dienstzeit


All diese Angaben basieren auf dem Jugendfreiwilligendienstgesetz (JFDG) welches über den

Internetauftritt des Bundesministeriums für Justiz aufgerufen werden kann. (


*Anmerkung: Die aufgeführten Rechte gelten für bereits volljährige Freiwillige. Falls ihr noch als

minderjährig geltet, informiert euch gesondert über die abweichenden Bestimmungen.

Schritt zwei: Versuche nun selbst einzuschätzen, ob es ein einmaliger Vorfall oder ein

Dauerproblem ist und mit den obigen Angaben korrespondiert. Suche anschließend das

Gespräch, am besten zuerst mit der Dir zugeordnete Person in Deiner Einsatzstelle (Deiner

Anleiterin/Deinem Anleiter). Kleinere Probleme können oft auf diesem Wege gelöst werden

und dein Anleiter kann vermittelnd zwischen Dir und weiteren Personen agieren. Achte

hierbei darauf, dein Anliegen klar zu kommunizieren und konkrete Vorschläge zur

Verbesserung Deiner Lage zu liefern. Eine Hilfestellung zur Vorbereitung an Durchführung

dieses Gesprächs findest Du weiter unten in diesem Leitfaden.


Falls man Dir dieses Gespräch verweigert, sich nichts ändert, oder Du Dich nicht traust direkt

mit Deiner Einsatzstelle zu sprechen kontaktiere Deine Ansprechperson bei Deiner

Trägerorganisation. Diese kann Dich nicht nur beider Konfliktlösung unterstützen, sondern

auch eine seelische Stütze sein.Schritt drei: In ernsten Fällen (z. B. Diskriminierung, Mobbing, systematische Ausbeutung)

oder Problemen mit Deiner Einsatzställe als auch Trägerorganisation hast Du die Möglichkeit

Dich an eine externe Beratungsstelle zu wenden.

Hilfe findest Du unter folgenden Adressen:


Kontakt zur FSJ-Zentralstelle beim BAFzA:

• Telefon: 0221 3673-0

• Postanschrift:

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben

Zentralstelle FSJ

50964 Köln


• Besucheranschrift:

An den Gelenkbogenhallen 2-6

50679 Köln


Stadt München+10Freiwillig Ja+10fsj-


Nach der Durchführung der ersten drei Schritte zählt nun Deine Entscheidung und vor allem

Deine psychische Gesundheit. Stelle Dir in Schritt vier folgende Fragen:

- Hat sich meine Lage verbessert?

- Wie war dieser Prozess für mich, wie geht es mir damit?

- Inwiefern haben meine Klärungsversuche das Arbeitsklima in meiner Einsatzstelle

beeinflusst? - Wie wirkt sich dieses nun auf mich aus? - Kann ich mit dem Ergebnis

umgehen?

- Wie geht es jetzt weiter?


Falls Du Dich noch immer unwohl fühlen solltest, man Dir in deiner Einsatzstelle mit

Feindseligkeit begegnet oder Du Dich der Weg bis hierhin mitgenommen hat zählt allein

deine psychische Gesundheit. (Suche Dir in jedem Fall therapeutische Hilfe oder bitte

jemanden darum, Dir Hilfe zu suchen, sollte es Dir sehr schlecht gehen.)Möchtest Du einen Wechsel Deiner Einsatzstelle vornehmen oder dein

FSJ/Bundesfreiwilligendienst ganz abbrechen?


Beides ist möglich und in keinem Fall bist DU gescheitert! Manchmal passt etwas einfach

nicht – das ist eine wichtige Erkenntnis für Deinen weiteren Weg.

Vielleicht findest Du stattdessen eine Ausbildung, ein Studium oder ein anderes Ehrenamt,

das besser zu dir passt. Jeder Schritt – auch ein Abbruch – bringt dich weiter.

Ein FSJ ist eine freiwillige Entscheidung – und kein Zwang. Wenn du mutig genug bist, etwas

zu verändern, das dir nicht guttut, dann triffst du eine starke und richtige Entscheidung. Du

darfst deinen Weg neu denken. Es ist dein Jahr – und dein Leben.

Wir von freiwillig.hier wünschen Dir alles Gute, Mut und Kraft für Deinen weiteren Weg und

Deine zukünftigen Entscheidungen.


Mach´s gut

ree

 
 
 

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